Pump, Aardvarks & Bizibox

Samstag, 11. Oktober 1997, Bonn (Harmonie)

"Mr. Music plays live" oder so ähnlich stand es auf den Ankündigungen für das heutige Konzert, und das erklärt denn auch, wie es zu einer so obskuren Mischung an Musikstilen innerhalb eines Abends kommen kann: Sowohl PUMP-Drummer Charly, AARDVARKS-Basser Sven als auch ein Musiker der mir bis dato unbekannten ersten Band des Abends arbeiten in eben jenem Bonner Plattenladen, so daß es sich eigentlich anbot, daß man da mal ein gemeinsames Konzert auf die Beine stellt. In Anbetracht der drei unterschiedlichen Musikrichtungen ergab sich jedoch die Situation, daß die Mehrheit der Leute nur wegen einer der drei Bands da war, und da finde ich dann einen Eintrittspreis von 20 Märkern etwas übertrieben. Genauso wie die Aussage, daß die Veranstaltung finanziell äußerst knapp kalkuliert sei und es deswegen auch keine Gästeliste gebe. Naja, muß ich halt mal in den sauren Apfel beißen und schon das zweite Konzert innerhalb einer Woche (nach TIAMAT, THE GATHERING und PARADISE NOW) aus eigener Tasche bezahlen. Aber dafür hatte die Sache, zumindest für mich, auch einen sozialen Charakter, da man bei sowas manche Leute wiedertrifft, die man unter Umständen monatelang nicht gesehen hat.

Als wir um etwa halb acht in die Halle kamen, war die erste Band, BIZIBOX, schon in vollem Gange und leider bald schon wieder vorbei. Denn die waren gar nicht mal so schlecht. Zwar wird es mir wohl auf ewig ein Rätsel bleiben, wie man seiner Band einen solchen Namen verpassen kann, aber der PEARL JAM-artige Sound der Combo kam recht gut an. Und dann wurde auch schnell ein möglicher Grund für den hohen Eintrittspreis klar: Die P.A. schien allererste Sahne zu sein. Die Jungs, wie auch die beiden anderen Bands des Abends, hatten einen Bombensound, und das ist ja auch was wert.

Nach einer Umbaupause von etwa einem halben Weizenbier Dauer ging's weiter mit den AARDVARKS, über die man aufgrund der fehlenden Überraschungen eingentlich nicht mehr viel schreiben müßte. Für die Nicht-Insider: Der Sound der Band hat sich über die Jahre vom puren Death Metal ein wenig wegbewegt und wird jetzt mit mehr Thrash-Elementen aufgelockert, was aber nicht heißen soll, daß man live mit weniger Agressivität zu Werke geht. Basser Sven läßt sich jetzt offenbar eine Matte wachsen (die Haare waren schon mindestens zwei Millimeter lang), und ist aufgrund seines Stageactings nach wie vor ein Gewinn für die Band: Er heizt das Publikum immer wieder an, das an diesem Abend auch willig darauf einging. Zumindest die ersten vier, fünf Reihen, die wohl quasi den Fanblock der Band ausmachten. Überflüssig zu erwähnen, daß dort auch ordentlich die Haare flogen. Was man sich bei den Auftritten der Band vielleicht noch wünscht, wäre ein bißchen mehr Bewegung auf der Bühne. Okay, die Jungs sind ordentlich am Bangen, aber daß mal einer seinen Platz verläßt, ist eher selten. Dafür war auch hier die Soundqualität wieder amtlich, und auch an der Songauswahl gab's nix zu meckern. Ich kenne zwar immer noch nicht jeden Song der Band beim Namen, aber die Highlights ("Merry-Go-Round", "Mi-Lai" und "Ace Of Spades", letzteres natürlich wieder in einer Brutalo-Version) waren vertreten. Ein Blickfang der Band ist auch Drummer Nick, der offensichtlich die Coolness zur Religion erhoben hat und die schnellsten Doublebass-Attacken abfährt, ohne dabei auch nur eine Miene zu verziehen.

Einen ganz anderen Stil beherzigt dagegen Charly, seines Zeichens Schlagwerker der letzten Band des Abends, PUMP, und, wie etwa die halbe Band, früher bei den vielleicht etwas bekannteren TRANS AM aktiv. Der Kerl rastet hinter seinem Drumkit geradezu aus, er scheint jeden einzelnen Schlag mit jeder Faser seines Körpers zu erleben. Wer ihn das erste Mal sieht, wird sich vermutlich ein Grinsen nicht verkneifen können, denn die Grimassen, die er bei seinem Schlagzeugspiel unbewußt zieht, sind wirklich spaßig, und ich hoffe, daß der Kerl niemals ein Video von sich sieht, denn vermutlich rührt er danach nie wieder ein Schlagzeug an. Ach ja: Gerüchten zufolge soll er auch im Proberaum so spielen...

Die Musik von PUMP ist am besten schlicht und einfach als Hard Rock zu bezeichnen, was es mit sich brachte, daß der AARDVARKS-Fanblock fluchtartig die Halle verließ und die ersten Reihen zunächst mal relativ leer waren. Das Repertoire der Band besteht sowohl aus eigenen Songs wie auch aus gecoverten Stücken, wobei zu letzteren zu bemerken ist, daß es sich nicht um die Songs handelt, die man von jeder anderen Coverband um die Ohren geknallt bekommt, sondern eher unbekanntere Sachen, die man zwar vielleicht mal irgendwann und irgendwo gehört hat, von denen man aber weder Titel noch Band nennen könnte. Was nichts daran änderte, daß - zum Glück - doch noch einige mir vertraute Songs vertreten waren. Als zweites Stück brachte man "Born To Boogie" von TRANS AM, und ich fühlte mich direkt acht Jahre zurückversetzt, als es diese Band noch gab. Hierbei zeigte sich daß Sänger Xaver (Ex-STS 8 MISSION) live eine echte Stimmungskanone ist und den damaligen TRANS AM-Sänger Klaus Opree durchaus ersetzen kann. Weiter ging's im Programm mit einer bunten Mischung aus eigenen und fremden Stücken, unter anderem auch GARY MOORE's "Empty Rooms" oder SAXON's "Solid Ball Of Rock".

Nach Ende des regulären Gigs wurde die Band noch zweimal für Zugaben auf die Bühne beordert, und nachdem diese auch vorbei waren, war wohl jeder der Anwesenden zufrieden. Zwar ist der Hard Rock der Band recht unspektakulär (mir blieb keiner der eigenen Songs irgendwie im Ohr hängen), aber live sind die Jungs wohl immer Garant für gute Stimmung. Und da gerade alle so gut drauf waren, traf man sich nach dem Gig im nur wenige hundert Meter entfernten Odeon, einer Kultkneipe in Bonn-Endenich, zum kollektiven Gehirnzellenabschuß, der nach einer Beurteilung am nächsten Tag auch als durchaus gelungen bezeichnet werden kann.

Restless

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