Dienstag, 13. September 2005, Santiago de Chile (Estadio Nacional/Pista Atlética)
Nachdem vor einigen Monaten sowohl NIGHTWISH als auch SAXON ihre Konzerte in Chile - aus welchen Gründen auch immer - kurzerhand absagten, war es nun dann doch mal wieder so weit, dass ein bekannterer Metal-Act den Weg in die chilenische Metropole Santiago finden sollte. Und was für einer! Keine geringeren als die reformierten JUDAS PRIEST hatten sich angekündigt, und als Special Guest hatten sie die Rock-Giganten von WHITESNAKE dabei, so dass der Titel, unter dem dieses Konzert im Vorverkauf angepriesen wurde (Monsters Of Rock 2005) durchaus gerechtfertigt war.
Meine Freundin ist nicht wirklich Metal-Fan, hatte es also nicht besonders eilig, zum Konzert zu kommen, so dass wir uns schon relativ spät auf den Weg machten. Ferner mussten wir nicht nur von der Metro-Station aus ein gutes Stück zu Fuß gehen, sondern auch noch das riesige Gelände des Estadio Nacional halb umrunden, was dazu führte, dass wir mit den letzten Takten von RATA BLANCA, der dritten Band im Bunde auf dieser Südamerika-Tour, das Konzertgelände betraten. Daher kann ich leider nichts zu RATA BLANCA schreiben, außer vielleicht, dass das, was wir noch zu hören bekamen, weder besonders schlecht noch besonders weltbewegend zu sein schien. Ich hoffe mal, die Jungs haben ihre Chance genutzt, die ihnen dieser Auftritt bot. Interessanterweise fand das Konzert unter freiem Himmel statt, was im September durchaus daneben gehen kann ... aber der Wettergott meinte es gut mit PRIEST und schickte nur ein paar Tropfen, und die auch erst nach Ende des Konzerts.
Gerade als wir uns durch einen Teil der geschätzten 8000 Zuschauer zu einem Platz vorgearbeitet hatten, von dem man gut sehen konnte, betraten David Coverdale und seine Mannen die Bühne, und lieferten mit "Burn" einen fulminanten Einstieg, welcher zusammen mit "Stormbringer" zu einem Mini-Medley verarbeitet wurde. Und dann ging es gut 60 Minuten mit den diversen Highlights der WHITESNAKE-Historie zur Sache. Die Band, die heute übrigens ihren ersten Auftritt in Chile absolvierte, präsentierte sich sehr spielfreudig, allen voran natürlich David himself, der keine Minute an seinem Platz stehen konnte und die Menge in seinen Bann zog. Eine Band wie WHITESNAKE muss natürlich auch diverse Solo-Einlagen präsentieren, und während das Gitarrensolo meiner Meinung nach nicht sonderlich erwähnenswert war (das von PRIEST später übrigens auch nicht), legte Tommy Aldridge an den Drums ein Solo hin, das sich durchaus sehen und natürlich auch hören lassen konnte, und von dem er einen Teil ohne Sticks mit bloßen Händen absolvierte. Man merkte natürlich, dass die Mehrheit der Fans wegen des Headliners hier war, so dass es vor allem das vordere Drittel des Publikums war, dass sich lautstark bemerkbar machte und bei den Songs mitging. Ach ja, die Songs ... leider bin ich kein sooo großer WHITESNAKE-Fan, dass ich all ihr Songmaterial kennen würde, aber unter anderem wurde im weiteren Verlauf "Give Me All Your Love" dargeboten, während man gegen Ende des Sets noch die Hits auszupacken wusste und nach dem balladesken und vielleicht bekanntesten Song "Is This Love" mit "Here I Go Again" und "Still Of The Night" die Massen noch einmal begeisterte, bevor man sich verabschiedete, um das Feld für JUDAS PRIEST zu räumen. WHITESNAKE haben sich hier gut verkauft, und sowohl die Band als auch die Fans konnten mit dem Konzert zufrieden sein.
In der knapp halbstündigen Umbaupause geschah einiges auf der Bühne. Treppen wurden aufgebaut, sowie Plattformen am linken und rechten Bühnenrand, die auf Stützen in Form der dreizackigen Gabeln ruhten, die seit der "Painkiller"-Ära ein Markenzeichen der Band sind. Auch anzumerken ist, dass die Bühne verdammt groß war und ein wenig an die in den Achtzigern üblichen monumentalen Aufbauten erinnerte, was nicht nur dem heutigen Abend (Monsters Of Rock) sondern natürlich auch dem Status der Band angemessen war, die da wenige Minuten später ebendiese Bühne betreten sollte.
Gegen 22:00 Uhr war es dann so weit: Die Lichter gingen aus (yep, auch ein
OpenAir-Gelände kann beleuchtet werden...), und der Vorhang im Hintergrund
mit WHITESNAKE-Schriftzug wurde runtergelassen, um den Blick freizugeben auf
ein "Electric Eye", welches nach einem kurzen Bombast-Intro und
"The Hellion" dann auch den Opener der Show darstellte. Mit den
ersten Takten des Songs rastete das Publikum aus ... klar, wie lange
mussten die Fans auf diesen Moment warten! Im Pupille dieses Auges erschien
kurz darauf Rob Halford, um den Gesang beizusteuern, und zumindest in diesem
Stück funktionierte das auch prächtig. Der Meister war ziemlich
futuristisch in Metall und Schwarz gekleidet, und ich kann hier bereits
vorwegnehmen, dass er mehrmals während des Konzertes das Outfit
wechselte.
Etwas befremdlich wirkten dagegen seine langsamen und mechanisch wirkenden
Bewegungen, aber das war als Teil der Show und passend zum Opener wohl
durchaus so geplant. Es hat natürlich auch etwas, wenn sich der
Sänger einer Band zwei ganze Songs Zeit läßt, um von hinter
dem Schlagzeug auf die Bühne zu gelangen, um seinen Platz zwischen den
weiteren Musikern einzunehmen, und vielleicht sollte der nächste Song,
"Metal Gods", dann auch unterstreichen, dass JUDAS PRIEST im
Prinzip sowieso unantastbar und der Inbegriff des Heavy Metal schlechthin
sind. Bei "Riding On The Wind" wurde jedoch klar, dass Robs
Stimme anno 2005 meilenweit von dem entfernt ist, was er 1981 auf Vinyl
gebannt hat und immerhin 1991 auch noch live sehr gut umsetzen konnte.
Aus letztgenanntem Jahr stammte der nächste Track, "Touch Of
Evil", bevor anschließend mit "Judas Rising" und
"Revolution" die ersten beiden Songs der neuen Scheibe gespielt
wurden. Das elektrische Auge im Hintergrund wurde jetzt durch einen
projezierten "Angel Of Retribution" ersetzt (und im späteren
Verlauf des Sets durch eine dornengespickte dreizackige Gabel ... siehe
oben), und auch wenn Rob diese Stücke stimmlich wohl besser umsetzen
kann als die alten PRIEST-Klassiker, blieben die Reaktionen des Publikums
eher verhalten. Klar, es gab PRIEST-Rufe und Gesänge, aber für
eine Live-Aufnahme hätten die Publikumsreaktionen nicht getaugt.
Die obligatorische Frage "Breaking the what?" leitete über zu
weiteren Klassikern; neben "Breaking The Law" und
"I'm A Rocker" gab es eine fantastische, Gänsehaut erzeugende
Akustik-Version von "Diamonds And Rust" sowie
das ebenso melodische "Beyond The Realms Of Death" zu hören.
Die optische Umsetzung der Songs (sprich: Lightshow) war sehr gut und
ließ keine Wünsche offen, und sämtliche Musiker wussten zu
überzeugen, wenn auch - wie schon erwähnt - das Gitarrensolo eher
zweitklassig war.
Der einizige Schwachpunkt der Show war dann auch leider die Stage-Performance
von Rob Halford. Klar, der Mann ist über fünfzig, aber es wirkte
schon sehr eigenartig, wenn er sich zum Beispiel auf eine der beiden
Plattformen am Bühnenrand begab und, während er in einer Hand das
Mikro hielt, sich mit der anderen an einem Geländer festhalten musste.
Auch, dass er während "Painkiller" nie (!) Richtung Publikum
schaute, sondern - in Hardcore-Shouter-Manier - vornübergebeugt und
mit dem Blick zum Boden in das mit beiden Händen umklammerte Mikro
schrie, war nicht unbedingt das, was die Fans erwarteten.
Vor diesem Song, der den regulären Set beendete, gab es mit
"Deal With The Devil" (der als "Teil der Bandphilosophie"
angekündigt wurde) und "Hellrider" zwei neue Songs, sowie mit
"Victim Of Changes" einen weiteren Klassiker aus den Anfangstagen
der Band. Dass man sich auch nicht zu fein war, "Turbo Lover" zu
spielen - bei dem die Snare Drum mit einem Effekt unterlegt wurde, der sie
wie einen Drumcomputer klingen ließ, was man schon fast wieder als
Selbstironie interpretieren könnte - unterstrich die exzellente
Songauswahl des heutigen Abends. Kein Teil der Bandhistory - mit Ausnahme
der Jahre mit Ripper Owens - blieb unberücksichtigt.
Der Sound einer Harley-Davidson markierte den Anfang des Zugabenteils, und in
voller Lederkluft fuhr Rob auf die Bühne, wo die Harley dann auch den
Rest des Sets stehen blieb. Mit "Hell Bent For Leather" und
- natürlich - "Living After Midnight" wurden zwei weitere
Klassiker gespielt, bevor die Band abermals von der Bühne verschwand.
Dann kam Rob alleine zurück. Mit einer chilenischen Flagge in der Hand
und mehrmals von links nach rechts über die Bühne laufend
mobilisierte er noch einmal das Publikum zum Mitsingen, bevor "You've
Got Another Thing Coming" das Konzert endgültig beendete.
Fazit: Ein gelungenes Monsters Of Rock, dass eigentlich kaum Wünsche offen ließ, bis auf - und das war eigentlich der Punkt, der einen dann vielleicht doch ein wenig nachdenklich zurückließ und die nicht ganz so euphorischen Publikumsreaktionen erklärt - das nur mäßige Stage-Acting von Rob Halford sowie seine Gesangsleistung, die an die alten Tage nicht mehr anknüpfen kann, auch wenn seine Stimme im Laufe des Konzerts nach und nach besser wurde. Dennoch würde ich persönlich mir die Band immer wieder anschauen.
Die Bandlogos sind den Homepages der Bands entnommen (© www.JudasPriest.com / www.Whitesnake.com). Fotos © 2005 Radio Cooperativa.
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