Freitag, 13. April 2007, Santiago de Chile (Estadio Nacional/Pista Atlética)
Das Jahr 2007 läuft hier in Chile konzertmäßig bisher eigentlich ganz gut für die Freunde der härteren Klänge. IN EXTREMO waren schon da, genauso wie THE GATHERING, und für die nahe Zukunft haben sich Bands wie TESTAMENT und MOTÖRHEAD angekündigt. Jedoch ist keine dieser Combos hier zur Zeit so populär wie die Senkrechtstarter von EVANESCENCE. Die Band um Sängerin Amy Lee hatte ihr aktuelles Album "The Open Door" im Gepäck, und schickte sich an, zum ersten Mal in Chile zu spielen.
Beinahe schon zur Tradition geworden ist leider die Tatsache, dass wir immer zu spät zu Konzerten erscheinen. Beginn sollte um 21:00 Uhr sein. Zwar gab es mit der chilenischen Band FAHRENHEIT (die Gerüchten zufolge vom EVANESCENCE-Manager höchstselbst einige Tage vorher kontaktiert wurde) einen Opener, der die Bretter jedoch wohl schon gegen 20:30 betrat, und entgegen aller lateinamerikanischen Traditionen enterten die Headliner aus Arkansas bereits gegen 21:10 die Bühne, so dass wir mal wieder die ersten Minuten verpassten. Durch die Lappen gingen uns dadurch "Sweet Sacrifice" und "Weight of the World", und nachdem wir uns unseren Weg durch die etwa 10000 Zuschauer nach vorne gebahnt hatten, waren wir genau richtig zu "Going Under", dem Opener der vorherigen Langrille "Fallen".
Hier fiel uns sofort der sehr gute Sound auf, der bei Live-Konzerten nicht unbedingt selbstverständlich ist. Okay, bei Konzerten unter freiem Himmel (wie diesem hier) gibt es keine Hallendecken oder Rückwände, die die Akustik trüben könnten, aber trotzdem... dadurch kam natürlich die glasklare Stimme von Amy Lee sehr gut zur Geltung. Überhaupt möchte man dieses Konzert mit die Amy Lee Show beschreiben, die Dame stand im Mittelpunkt der Darbietung. Und das nicht nur wenn sie sang, sondern auch (und vor allem) wenn sie sich ans mitten auf die Bühne geschobene Piano setzte, wie es während einiger Songs der Fall war. Ach ja, die Songs: Weiter ging es unter anderem mit "Cloud Nine" und "Lithium", bevor man zum Hit "Call Me When You're Sober" kam. "Good Enough" im Anschluß war dann ein Amy Lee-Solo am Klavier, und im Publikum war es während dieser Minuten beinahe mucksmäuschenstill.
Alle Songs wurden dabei durch eine beeindruckende Lightshow untermalt. Hier wurde in keinster Weise gespart, die Bühne und das Equipment, das hier durch Lateinamerika gekarrt wurden, konnten sich durchaus sehen lassen. Nach "Imaginary" ging es weiter mit "Bring Me to Life", dem ersten Single-Hit der Band. Oder besser: Es ging weiter mit einer recht melancholischen Version dieses Songs. Denn spätestens hier fiel auf, dass die Gitarren nicht ganz so hart klangen wie auf CD, und auch den männlichen Gesangspart im Refrain bekam man nicht zu hören. Dadurch stand Amy mit ihrer Stimme noch mehr im Mittelpunkt des Ganzen. Die Gesangsleistung, die sie hier ablieferte, war aber auch vom Feinsten, und das, obwohl sie nach eigener Aussage leichte Probleme mit der Stimme hatte. Ob es an der Kälte und ihrem Outfit lag, das den Temperaturen nicht wirklich angepaßt war?
Stimmprobleme hin oder her, nach den weiteren Songs "Whisper", "All That I'm Living For" und "Lacrymosa" verließ die Band nach noch nicht mal 70 Minuten die Bühne und sorgte damit bei dem ein oder anderen für Überraschung und Unmut. Klar, das Repertoire dieser Band ist nicht so groß wie bei anderen, die deutlich mehr Alben produziert haben, aber dennoch... man fragte sich ob eine Bühne dieser Größenordnung sowie der Aufwand, den eine Südamerika-Tour mit sich bringt, sich wirklich lohnen, wenn die Band in jedem Land nur ein Konzert gibt und dieses dann auch noch so kurz ausfällt.
Naja, noch war nicht alles vorbei. Amy Lee kam auf die Bühne zurück, mit ihr das Klavier, und mit der Aufforderung an das Publikum, den folgenden Song mitzusingen, begannen die ersten Takte der klasse Ballade "My Immortal", bei der Amy eine Gänsehaut erzeugende Gesangsbegleitung aus 10000 Kehlen geniessen durfte. Den Schlusspunkt markierte danach "Your Star", wonach die Bandmitglieder nach und nach die Bühne verließen, bevor die Dunkelheit auf der Bühne und das Angehen der Beleuchtung im Zuschauerareal auch den letzten überzeugten, dass es nun wirklich vorbei war.
Fazit: Ein Konzert, dass im Hinblick auf Sound und Lightshow keine Wünsche offenließ, und in dessen Mittelpunkt Amy Lee mit einer großartigen Gesangsleistung stand, hinter der die anderen Bandmitglieder, wenn sie auch ordentliche Arbeit abgeliefert haben, ein wenig verblaßten. Schade nur, dass es so kurz war - so ging man mit dem Gefühl nach Hause, dass da noch irgendwas hätte kommen müssen. Dennoch war die Songauswahl gut, und in einigen Jahren - mit einigen Alben mehr im Katalog - werden wir vielleicht auch mal 2 Stunden Amy Lee am Stück genießen können.
Fotos © 2007 grita.cl, lord_mono und www.wow.cl,
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