Man kann wohl ohne Übertreibung behaupten, dass diese Scheibe eine der am
sehnsüchtigst erwarteten des Jahres ist. Nachdem Rob Halford sich Anfang der
Neunziger von JUDAS PRIEST verabschiedet hatte, ist allerdings einiges passiert
in der Metal-Welt. Erst hat eben dieser Mann den Metal für tot erklärt,
um dann im Jahre 2000 mit seinem schlicht HALFORD betitelten Solo-Projekt ein
Album auf den Markt zu schmeissen, das metallischer kaum sein könnte. Und
das vor allem eher an klassische PRIEST erinnerte als die zwischenzeitlich
erschienenen Scheiben seiner alten Band, die sich durch ein, sagen wir mal, sehr
modern klingendes Songwriting auszeichneten.
Es war also durchaus Skepsis angebracht, als diese Scheibe bei mir im CD-Player
anfing zu rotieren. Allerdings wurde diese direkt beim Opener "Judas
Rising" vom Tisch gefegt: JUDAS PRIEST sind zurück. Und "Angel Of
Retribution" ist meiner Meinung nach der legitime Nachfolger zum 1990er
"Painkiller"-Album. Das Trio Halford/Tipton/Downing scheint
sämtliche Nu-Metal-Ideen ad acta gelegt zu haben und hat zu seinen
songwriterischen Stärken zurückgefunden. So reihen sich denn auch im
weiteren Verlauf der Scheibe Songs aneinander, die auch auf älteren
PRIEST-Alben hätten stehen können, und die sich wie gewohnt durch
erstklassige Riffs und eine solide Rhythmusarbeit auszeichnen. Und auch wenn Robs
Stimme sich nicht mehr in ganz so extremen Gefilden rumtreibt wie früher,
läßt sie kaum Wünsche offen und bringt die - wie erwartet -
Metal-Klischee getränkten Texte überzeugend rüber. Dennoch klingen
PRIEST anno 2005 irgendwie reifer als Ender der Achtziger, was vielleicht daran
liegt, dass man seinerzeit mit "Ram It Down" und "Painkiller"
bewusst hart und schnell klingen wollte, um das kommerzielle 1986er
"Turbo"-Werk wettzumachen. Irgendwelche
Highlights des Albums rauszugreifen fällt schwer; vielleicht
"Hellrider" oder "Wheels Of Fire". Interessant sind aber vor
allem die etwas untypischeren Songs, wie das melancholische "Worth Fighting
For" (mein persönlicher Favorit der Scheibe), die nicht hunderprozentig
gelungene Ballade "Angel" oder das dreizehnminütige Machwerk
" Lochness", das ein rundum gelungenes Album beendet, welches sicher
keinen Fan der klassischen JUDAS PRIEST enttäuschen wird.
Homepage:
www.JudasPriest.com
In schöner Regelmäßkeit alle zwei Jahre gibt es einen neuen
regulären Longplayer des Gothic-Metal-Projekts um Tilo Wolff und Anne
Nurmi. So auch das rechtzeitig zum 15-jährigen Bandjubiläum
erscheinende Machwerk "Lichtgestalt", das es auf immerhin siebzig
Minuten Spielzeit bringen. Und diese siebzig Minuten haben es in sich. Um es
direkt vorweg zu nehmen: Wer vorher noch nichts mit LACRIMOSA anfangen konnte,
wird es auch jetzt nicht können, die Fans bekommen ein Album, wie sie es
erwarten, und die, die unschlüssig waren, was sie aus dieser Verbindung
von Metal, Orchester, Bombast und Melancholie zu halten haben, ... ja die
werden sich nach dem (mehrmaligen) Genuß von "Lichtgestalt"
vielleicht zu den Fans dazu gesellen...
Nach wie vor decken LACRIMOSA ein unglaublich breites musikalisches Spektrum
ab, was schon beim Opener "Sapphire" klar wird, der sehr ruhig
anfängt, zwischendurch mit fetten Riffs und Kreischgesang geradezu
explodiert, um wieder ruhig zu enden. "Kelch der Liebe" und
der Titelsong "Lichtgestalt" sind typische LACRIMOSA-Songs, die,
ebenso wie "Letzte Ausfahrt: Leben" zu den Highlights des Albums
gehören. Was an diesen Songs überzeugt, sind die im Vergleich
zu früheren Jahren ausgereifter klingenden Melodien und Gesangslinien.
Aber auch die ruhigeren Songs, wie das von Streichern dominierte
"Nachtschatten" oder "The Party Is Over", können
problemlos überzeugen, und halten das
Album während der gesamten Spielzeit auf einem gleichbleibend hohen
Niveau. Das "Hohelied der Liebe", dessen Text an die Bibel angelehnt
ist, bildet den krönenden Abschluß der Scheibe und steht in bester
Tradition von Songs wie etwa "Der Kelch des Lebens" oder
"Die Strasse der Zeit". Das Einzige, was dieser Scheibe vielleicht
fehlt, ist ein Überhammer-Song wie zum Beispiel "Schakal",
aber da sich die gesamte Platte - wie
bereits erwähnt - auf einem sehr hohen Niveau befindet, das sich schwer
toppen läßt, kann man damit problemlos leben.
Homepage:
www.Lacrimosa.de
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