Freitag, 16. August 1996, Köln (Live Music Hall)
Zu den Veranstaltungen, bei denen man eigentlich bis zum letzten Moment nicht weiß, welche Bands auftreten, und in welcher Reihenfolge, gehörte dieses Festival, das im Rahmen der POPKOMM in Köln stattfand.
Im Laufe des Abends erfuhr man allerdings mehr. Eröffnet wurde das Treiben von DARKSEED, einer jungen süddeutschen Combo, deren Musik irgendwo zwischen Power Metal und Thrash anzusiedeln ist. Im Prinzip nicht schlecht, aber viel mehr als ein Anstandsapplaus war für die Jungs leider nicht drin, denn abgesehen von der Tatsache, daß die Musik an sich nicht weltbewegend war, ließ auch das Stageacting sehr zu wünschen übrig. Man merkte der Band doch ganz deutlich ihre Unerfahrenheit an. Aber das kann sich ja im Laufe der Zeit nur zum Positiven entwickeln.
Wie man's besser macht, zeigten anschließend PYOGENESIS, deren Mucke sich im Laufe der Jahre sehr stark entwickelt hat und heute sowohl Vergleiche zu NIRVANA als auch zu Punk zuläßt. Da setzten die neuen Songs noch einen drauf, unter denen ein zehnsekündiger Punk-Kracher genauso zu finden war wie ein geradezu poppiges Stück. Bemerkenswert war hier aber vor allem die Bewegung auf der Bühne. Die Jungs sprangen wie besessen hin und her und hatten durch ihre lustigen Ansagen eigentlich von vornherein gewonnen. Und wem das nicht reichte, der konnte noch ordentlich über den eigenartigen Stil des Bassisten staunen sowie über die Tatsache, daß der Knabe mit einer Hand sein Instrument besser beherrscht als mancher andere ohne ein solches Handicap. Einziges Manko: Die Musik unterschied sich doch zu stark von dem, was die folgenden drei Combos boten, wegen denen die meisten Leute da waren. Deshalb auch bei PYOGENESIS noch zurückhaltende Reaktionen.
Damit war's dann bei MOONSPELL definitiv vorbei. Die Portugiesen wurden von der ersten Minute an gefeiert, als seien sie die Headliner des heutigen Abends. Eine gute Mischung des Materials beider Alben wurde geboten, zwar ohne sonderlich viel Bewegung auf der Bühne, aber mit Unterstützung einer wie die Faust aufs Auge passenden Lightshow. Das Outfit und die Gestik des Sängers taten ein übriges, um die Songs wirkungsvoll zur Geltung zu bringen. Eindeutiger Höhepunkt: "Mephisto", das so genial rübergebracht wurde, daß man fast eine Gänsehaut bekam.
Etwas erstaunt war ich dann nach den ersten paar Stücken von SAMAEL: Als sich der Trockeneisnebel endlich verzogen hatte, war im Hintergrund der Bühne ein Mann zu erkennen, der sowohl Keyboards (meist) als auch ein paar Toms (selten) bediente, sprich: sowohl den Posten des Keyboarders als auch den des Schlagzeugers ausfüllte. Nichtsdestotrotz kamen die Drums meist vom Band beziehungsweise aus dem Computer, und trotz der an sich guten Mucke blieb ein fader Beigeschmack. Die Tatsache, daß sich die Ansagen auf "This is a new song ..." und "This is another new song ..." beschränkten, verstärkten den Eindruck eigentlich noch, daß hier eine Band am Werk ist, deren größtes Problem live darin zu bestehen scheint, zum richigen Zeitpunkt die richtigen Samples abzufahren ... Auch der Techno-Touch der Musik, die wie eine Mischung aus alten VENOM sowie MINISTRY oder FEAR FACTORY klingt, führte insgesamt zu zwei Reaktionen: Die einen fanden's Kacke, die anderen feierten ihre Idole.
Letztere schienen die Halle dann auch vor CREMATORY verlassen zu haben. Nur so läßt sich erklären, daß man ziemlich weit vorne wieder eine Menge Platz hatte. Die Band spielte recht souverän ihren Set runter, und baute dieses Mal schon mehr neue Songs ein als auf den Summer Metal Meetings. Sänger Gerhard versuchte ständig, das Publikum zum Mitmachen aufzufordern, allerdings ohne durchschlagenden Erfolg. Man hatte das Gefühl, daß er dadurch auch ein bißchen die Lust verlor. Man kann durchaus sagen, daß die Live-Qualitäten dieser Band sehr stark vom Publikum und dessen Stimmung abhängig ist. Wie dem auch sei: Meine Stimmung war gut; bei "Eyes Of Suffering" oder "Shadows Of Mine" konnte ich mir prima die Läuse aus den Haaren schütteln, und etliche andere waren auch zufrieden.
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, daß anschließend noch eine Band namens DREADFUL SHADOWS die Bühne enterte, die keiner kannte und die auch nicht mehr alle kennenlernen wollten. Aufgrund der fortgeschrittenen Zeit machten auch wir uns auf den Heimweg. Fazit des Abends: Für 30 Flocken sicher ein saugutes Festival, und mal wieder blieb eine Frage offen: Warum muß bei Konzerten das Bier immer so teuer sein?
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