Dienstag, 18. März 1997, Köln (Live Music Hall)
Der Deutschen Bundesbahn sei Dank! Ihr schafft es doch tatsächlich, mich auch dann zu spät zu einem Konzert kommen zu lassen, wenn ich rechtzeitig von zu Hause losgehe. Wie dem auch sei: pünktlich um sieben ging's los in der Live Music Hall, ich war um viertel nach am Ort des Geschehens, habe aber von der ersten Band (DARK) trotzdem so gut wie nix mitbekommen. Denn was die Bundesbahn nicht schafft, erledigt das Zusammenspiel zwischen Plattenfirmen und Veranstaltern, das dafür sorgte, daß es den zugesagten Backstage-Paß am Eingang nicht gab. Nach einigem Hin und Her bin ich zumindest mal samt Fotoausrüstung in die Halle gekommen (ein Dankeschön von hier aus an das nette Mädel an der Kasse) und habe auch noch einen Fotopaß ergattert, verbrachte allerdings den DARK-Auftritt im THERION-Tourbuß. Was ich dort erfuhr, könnt ihr woanders nachlesen, zu DARK gibt es zu sagen, daß ich eigentlich nur positive Stimmen vernommen habe.
Bei SUNDOWN, dem neuen Projekt des CEMETARY-Mainmans Matthias Lodmalm und
des ehemaligen TIAMAT-Bassisten Johnny Hagel war ich dann endlich vor der
Bühne - um mich zunächst mal von einem auf den ersten Blick
äußerst unsympathischen Security-Menschen darauf aufmerksam machen
zu lassen, daß ich nicht mit Blitz fotografieren darf.
Sehe ich durchaus
ein, da die Bands ja mit der Beleuchtung auch gewisse Stimmungen erzeugen
wollen.
Das Ganze hatte nur ein Problem: Beleuchtung? - Fehlanzeige! Naja,
sollte wohl eher "Into the Dark" heißen, das Ganze ...
Das tat aber alles der Musik keinen Abbruch. Ich habe leider die SUNDOWN-CD
bis dato noch nicht gehört, aber die Umschreibung von THERION's
Christofer, die Band klinge wie THE SISTERS OF MERCY mit harten Gitarren,
kommt ansatzweise hin. Zumindest, wenn man das Ergebnis noch erdentlich mit
dem CEMETARY-Sound anreichert. Die Band kam recht gut an, wenn auch nicht
überragend; bei den meisten Fans herrschte wohl eher Interesse vor als
Begeisterung ...
Mit SECRET DISCOVERY, einer Band, die ich jetzt bereits - und immer mehr oder weniger zufällig - das dritte Mal sehe, betrat danach der vermutlich zwiespältigste Act des Abends die Bühne. Einige waren nur wegen ihnen da, andere fanden's schlecht bis lachhaft. Okay, der Gothic-Metal der Combo ist nicht schlecht, erreicht aber meiner Meinung nach das Niveau anderer Genre-Größen nicht. Aber sie haben sich zumindest so gut verkauft, daß ihre Fans wohl zufrieden waren. Als der Sänger dann sein Hemd auszog und spöttische Bemerkungen im Publikum die Runde machten (remember: Der Kerl hat eine Figur wie Conan, der Barbar), hatte ich so das Gefühl, daß das bei den meisten wohl der blanke Neid war. Naja, wer hat, der hat.
Danach war dann wohl der heimliche Headliner an der Reihe: THERION. Genau wie auf der Tour mit AMORPHIS letzten Herbst gings los mit "To Mega Therion", und genau wie damals hatten THERION heute die meisten Musiker auf der Bühne. Dank der beiden Sopranistinnen, dem Sänger und der Keyboarderin (wieder Kimberley von ANCIENT) standen insgesamt acht Personen auf den Brettern, und das Publikum nahm den innovativen Sound der Band dankbar auf. Der Schwerpunkt lag natürlich auf den letzten beiden Alben; "In The Desert Of Set" und "Invocation Of Namaah" kamen genauso zum Zuge wie "Evocation Of Vovin" und natürlich "The Beauty In Black". Frontmann Christofer ließ dabei auch keine Ansage aus, um dem Kölner Publikum klarzumachen, daß es das beste sei. Die meisten fanden das gut, ich fand's allerdings schon ein wenig übertrieben. Im Großen und Ganzen mal wieder ein beeindruckender Auftritt, der vor allem gezeigt hat, daß die Fans gar nicht so engstirnig sind wie oft behauptet, sondern durchaus bereit, auch mal etwas ausgefallene Darbietungen nicht nur zu tolerieren, sondern auch zu honorieren. Schließlich sahen speziell die beiden Sängerinnen in ihrem edel wirkenden Outfit und mit den Texten zum Ablesen alles andere als metallisch aus.
Zu SENTENCED gibt es dagegen vergleichsweise wenig zu schreiben. Die Show war, wie schon auf den Dark Winter Night-Festivals, relativ unspektakulär. Man spielte seinen Set herunter, trank zwischendurch zwei, drei Bier und war ständig in Bewegung. Ich denke, SENTENCED sind der optimale Festival-Act, weil sie einfach jede Menge Spielfreude ausstrahlen und Spaß an der Sache haben. Prädikat: Solide.
MY DYING BRIDE fielen anschließend dagegen durch Vielseitigkeit auf. Wenn auch der überwiegende Teil des gebrachten Materials neueren Datums war und sehr depressiv wirkte, was vom Sänger auch sehr gut umgesetzt wurde (man hatte wirklich das Gefühl, der Kerl stirbt auf der Bühne tausend Tode), ließ die Band es sich nicht nehmen, einige alte Sachen zu spielen. Nicht viele, aber die haben gereicht, um mir am nächsten Tag einen leichten Muskelkater im Nacken zu bescheren. Allerdings fiel mir speziell bei dieser Combo die miese Beleuchtung auf. Daß es mit demselben Equipment besser geht, ohne zu hell zu wirken, zeigte KING DIAMOND am nächsten Tag an gleicher Stätte. Erwähnenswert ist ferner, daß auch MY DYING BRIDE keine Zugabe spielten, was für eine gewisse Gleichbehandlung der Bands in diesem Package spricht. Etwas dümmlich fand ich allerdings mal wieder die Security, die keine fünf Minuten nach Ende des letzten Songs die Leute mit den Worten "Ihr wollt doch beim nächsten Rockkonzert auch wieder rein, oder?" aus der Halle trieb. Es geht auch freundlicher!
© 1997-2007 ForeverFree. Alle Rechte vorbehalten. |