Falls ihr der Meinung wart, daß die musikalische Kultur der Bayern bereits mit Jodelorgien und Musikantenstadl ihren Höhepunkt erreicht hat, so habt ihr euch mächtig geirrt. Aus der Nähe von Ulm stammt eine Todesblei-Kapelle, die es geschafft hat, nach zwei schon nicht gerade jungfräulichen Alben in Sachen Härte und Schnelligkeit noch einen draufzusetzen. "Bloodsoul" heißt der Silberling, der jede Art von Trendreiterei gnadenlos niederprügelt und Drummer Bastian zunächst mal zu einem kurzen Rückblick auf die Bandhistory veranlaßt:
Die Band gibt's bereits seit 1987, wobei wir allerdings anfangs nur im Underground rumdümpelten, so demo- und singlemäßig. Der Vertrag mit Black Mark Records kam dann 1992 und führte zur ersten CD, "Descend Into The Absurd". Unsere zweite Scheibe, "Impurity", folgte im Februar 94. Live promotet wurden beide Scheiben im Wesentlichen durch zahlreiche Einzelgigs, tourmäßig tat sich eigentlich nix bis auf eine Festivaltour im Februar 95, mit CATHEDRAL, BRUTAL TRUTH und drei weiteren Bands. Danach ging's an die neue Platte, und die hältst du jetzt in den Händen.
Und was tat sich personell in den Jahren? Eure Gründungsbesetzung ist das doch heute sicher nicht mehr...
Ja, es gab natürlich schon zahlreiche Line Up-Wechsel. Der letzte war der Einstieg unseres neuen Bassers Dietmar Schweikert, der gerade mal drei Wochen zurückliegt. Vom alten Bassisten haben wir uns im, sagen wir mal, guten Einvernehmen getrennt. Er stand nicht mehr so hinter der Musik und der Band, und auch generell nicht mehr hinter Death Metal, so daß wir uns darauf geeinigt haben, uns zu trennen. Den neuen Mann lernen wir gerade ein, und damit sind wir wieder eine komplette Besetzung, die dann hoffentlich auch erst mal Bestand hat.
Gibt es denn in eurer Ecke überhaupt so etwas wie eine Metalszene?
Das ist natürlich nicht mit einer Großstadt vergleichbar, aber einige Bands gab es schon, und wir haben uns dann halt auf diversen Gigs kennengelernt, oder auch einfach so beim Saufen. Dann hatten wir uns halt mal zum Jammen getroffen, mußten aber doch noch im Laufe der Zeit, wie gesagt, zahlreiche Line Up-Wechsel mitmachen. Von den Gründungsmitgliedern ist im Prinzip nur noch Stefan Hanus (einer der Gitarristen - d. Verf.) dabei, der die Band quasi ins Leben rief. Ich selber bin erst kurz danach, so Ende 87, zur Truppe gestoßen.
Die CD ist ja relativ extrem. Wer schreibt denn da die Songs?
Zu 80% Mike Hanus, mit dem ich die Sachen dann im Proberaum arrangiere. Ein paar Sachen sind auch noch von Stefan. Die Texte dagegen stammen alle aus meiner Feder.
Wenn ihr schon seit Ende der Achtziger aktiv seid, seid ihr wahrscheinlich auch noch vom Uralt-Death Metal beeinflußt, oder?
Kann man so sagen. Nach unserem Debut hatten wir dann allerdings den Wunsch, noch schneller, härter und extremer zu werden, was wir dann mit "Impurity" auch umgesetzt haben. Und dann hat sich das weiterentwickelt; wir wollten uns von Platte zu Platte steigern, auch in Sachen Härte, aber vor allem qualitätsmäßig. Wir wollten die Songs auf ein höheres Level heben, was ja viele Bands nicht schaffen, wovon ich aber guten Gewissens behaupten kann, daß das die neue Platte problemlos gepackt hat.
Habt ihr auch mit diesem Musikstil angefangen?
Also, 87 hatten wir noch eher die Einflüsse des Thrash Metals, aber nach ein oder zwei Demos war uns das nicht mehr heftig genug, woraufhin wir dann andere musikalische Mittel und Wege gesucht und gefunden haben, um extremer zu werden.
Die meisten Bands der härteren Gangart wenden sich irgendwann ja eher neuen Horizonten zu, so die berühmte musikalische Weiterentwicklung. Ist Musik, wie ihr sie macht, denn noch als aktuell zu bezeichnen? Die Death Metal-Welle ist ja schließlich vorbei...
Diese Stilrichtung hat zu ihrer Blütezeit vor drei oder vier Jahren meiner Meinung nach genug Fans erobert, so daß sie bestimmt nicht aussterben wird. Aber vollkommen unabhängig davon, ob Death Metal noch gefragt ist: Es ist die einzige Musik, die wir machen wollen. Deshalb machen wir's. Ob es nun akzeptiert wird oder nicht. Wenn ja, wäre das natürlich schon gut...
Vermutlich könnt ihr auch nicht von der Musik leben...
Nee, aber das kann eigentlich niemand in der Richtung. Wenn das noch jemand denkt, irrt er sich da ganz gewaltig.
Dann gibt es aber doch sicher arbeitsmäßig Probleme, wenn ihr zum Beispiel mal auf Tour seid?
Ja, das ist nicht ganz einfach, aber bis jetzt halten sich unsere Touraktivitäten ja noch in Grenzen. Die aktuelle Platte wollen wir aber schon mit einer vernünftigen Euro-Tour promoten, so im Herbst vielleicht, und das muß natürlich geplant werden. Momentan arbeiten aber auch nicht alle von uns, und wenn einer studiert oder so, dann geht das schon irgendwie. Außerdem touren andere Bands ja auch, und die können auch nicht so in den Tag hinein leben.
Ihr habt ja diese drei CDs alle in anderen Studios aufgenommen? Hatte das einen besonderen Grund?
Wir sind mit dem Sound der alten Sachen durchaus zufrieden, aber zwischen den ersten beiden Scheiben hatten wir schon überlegt, wo wir den Sound bekommen können, den wir eigentlich wollen. Und das war im Montezuma-Studio nicht möglich, obwohl es das teuerste von den dreien war. Für die zweite Scheibe sind wir dann zu Dan Swanö gegangen (ins Unisound-Studio - d. Verf.), und das war nicht nur preiswerter, sondern der Sound deckte sich auch wesentlich besser mit unseren Ansprüchen. Für "Bloodsoul" gingen wir dann in Peter Tägtgrens Abyss-Studio, was den einfachen Grund hatte, daß Dan ein Jahr im voraus ausgebucht war. Im Nachhinein stellte sich diese Wahl als goldrichtig heraus.
Und wie kamt ihr auf Peter?
Wir überlegten einfach, was es noch an Studios in Schweden gibt, und fanden das Abyss-Studio, und haben dann ganz ungezwungen mit Peter Kontakt aufgenommen.
Wieso Schweden? Gibt's in Deutschland keine brauchbaren Studios für eure Musik?
Doch, natürlich. Vom Studio her wäre das schon gegangen. Ich will es mal so sagen: Die Engineers, die in deutschen Studios am Pult sitzen, sind einfach ungeeignet, um diesen Sound zu erreichen, weil ihnen die Erfahrung fehlt, die die Schweden schon seit Jahren haben.
Die Texte der Platte stammen alle von dir. Worum geht's da, so prinzipiell?
Eigentlich geht's da um nix konkretes, sondern die Texte entwickeln sich einfach so, im Gegensatz zu anderen Leuten, die einen Song haben und dann sagen, der Text muß jetzt über dieses oder jenes Thema gehen. Ich dagegen überlege mir eher einen Titel zur Musik und baue da herum die einzelnen Gesangslinien auf. Und dann erst entwickelt sich ein roter Faden, ein Thema. Manchmal entwickelt sich auch nix, aber das stört mich eigentlich nicht, sondern hält die ganze Sache offen. So ist der ein oder andere Song eher eine Aneinanderreihung von Worten, was aber dann auch durchaus beabsichtigt ist. Mir kommt es eher darauf an, daß man die Sachen echt brutal und aggressiv rausbrüllen kann, als daß ich irgendwelche Messages rüberbringen will und irgendwelche großartigen textlichen Konzepte habe. Das macht ja auch keinen Sinn, wenn sich das dann scheiße anhört beim Singen. Primär ist eher die Musik wichtig für uns, und erst danach kommen die Texte.
Ist der Gesang insofern nur ein weiteres Musikinstrument für euch?
Sagen wir mal so: Wenn du eine Scheibe hörst, dann macht der Gesang so ungefähr 50% des Gesamteindrucks aus. Und wenn der Gesang scheiße ist, dann ist die Platte auch nur zu 50% gut, weil der Gesang einfach etwas im Vordergrund steht. Und was der Sänger jetzt genau von sich gibt, das ist ja noch etwas anderes. Ich sag' jetzt mal, das ist nebensächlich. Nur das, was er singt, muß sich gut anhören. Und da lege ich halt Wert auf einfachere Worte, kürzere Worte, prägnanter halt.
Aber die Wortwahl scheint dir ja auch vom Inhalt her wichtig zu sein, denn schließlich handeln deine Texte ja nicht von Friede, Freude, Eierkuchen, sondern sind schon etwas düsterer. Machst du dir insofern nicht doch Gedanken über den Inhalt?
Ja, natürlich. Wenn ich, wie gesagt, die Sachen um den Titel rumbaue, dann entwickelt sich das ja erst, und dann kriege ich auch eine Idee, um was es sich in dem Titel drehen könnte, und wie ich das selber sehe. Und wenn ich mal einen solchen Ansatzpunkt gefunden habe, dann kann ich darauf aufbauen und versuchen, das ein wenig in die Richtung auszudehnen. Aber oft ist es halt auch so, daß sich gar kein Thema ergibt, wo du einfach deine Gesangslinien aufbaust, Schritt für Schritt, und irgendwann bist du halt fertig und hast den Text beinander.
Und woher kommen dir bei einem bestimmten Song die Ideen für den Titel, der ja dann Ausgangspunkt für die Texte ist?
Man muß schon sagen, daß die Titel verdammt wichtig sind, weil sie sich halt gut anhören müssen. Zum Beispiel "Bloodsoul" als Albumtitel. Mehr kann man dazu eigentlich gar nicht sagen. Ich meine, wenn du dir auf irgendeiner Platte die Titel anschaust, dann merkst du schon, ob das Niveau hat oder ob das bloß Klischee ist. Und vielmals ist es so, daß jemand beim Lesen der Titel schon direkt weiß, um was für Musik es sich handeln könnte.
Was natürlich auch wieder ein kommerzieller Aspekt ist: Wenn jemand im Plattenladen die Titel auf eurer CD liest, kauft er das Ding vielleicht, ohne die Musik zu kennen...
Ja, gut. Aber gerade heutzutage gehen die Leute eigentlich nicht mehr in den Laden und kaufen irgendetwas. Gerade, wenn die Kids weniger Geld haben, informieren sie sich vorher besser, was sie kaufen wollen. Was sich natürlich meistens so auswirkt, daß sie lieber die bekannteren Sachen kaufen und die unbekannten im Regal stehen lassen.
Andere Bands sehen ja ihre Texte auch als Mittel, Botschaften rüberzubringen und, ich will mal sagen, die Welt zu verbessern. Wie steht ihr dazu?
Also, wir wollen definitiv keine Botschaften rüberbringen. Das überlassen wir lieber anderen Leuten, denn das ist eine Sache für Moralapostel. Ich meine jetzt, irgendwelche Dinge zu beurteilen, zu sagen, dies und jenes sei gut oder schlecht. Das ist nicht unser Ding. Auf keinen Fall.
Ihr wollt also in erster Linie Musik machen und Spaß haben?
Korrekt!
...was ja auch wieder als Botschaft an die härtere Fraktion der Metalfans verstanden werden kann, die mit "Bloodsoul" ihren Spaß haben kann, ohne über irgendwelche Textinhalte nachdenken zu müssen...
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