Mit den Hard'n'Heavys in Wacken
Wacken-Kuh

Impressionen vom W:O:A, 2. - 4. August 2001

Wacken-Kuh

Teil 2: "Old School" auf der Double Mega Stage

Zwar verpaßte ich durch die knapp zweistündige Auszeit neben den (nach anderen Berichten offenbar überzeugenden) CAGE auch EXCITER, aber dennoch schien diese Pause bitter nötig gewesen zu sein. Mal ganz abgesehen davon, dass mir während LACUNA COIL fast im Stehen die Augen zufielen - selbst als Elke mit den Worten "In zwanzig Minuten fangen PRIMAL FEAR an" den Kopf ins Zelt steckte, wünschte ich mir nichts sehnlicher als eine Familienpackung Aspirin und ein weiches Bett.

Aber es hilft ja nix: PRIMAL FEAR ist nun mal Pflichtprogramm. Also raus aus dem Schlafsack, rein in die Klamotten, und um kurz nach fünf stand ich schon wieder vor der Double Mega-Stage und bangte zum Power Metal von PRIMAL FEAR. Die Band bot einen gelungenen Querschnitt aus ihren drei Alben, darunter Songs wie "Nuclear Fire" oder das überragende "Chainbreaker". Ich werde zwar nie verstehen, wieso Ralf Scheepers seine Mähne gegen eine Glatze eingetauscht hat (wollte er seinem offensichtlichen Idol Rob Halford ähnlicher sehen?), aber zumindest hat dieser Tausch seiner Stimme nicht geschadet.

Danach dann der Wechsel zur anderen Hauptbühne, zu PAUL DI'ANNO und seinen KILLERS. Diese legten mit "Wrathchild" los, und mit "Sanctuary", "Killers", "Remember Tomorrow" und "Phantoms Of The Opera", um nur einige zu nennen, gab es eine Reihe alter IRON MAIDEN-Klassiker zu hören, die man wohl von jener Band selbst eher selten geboten bekommt. Dumm nur, dass Paule auf der Bühne etwa so unfit ist wie die Hard'n'Heavys nach der 40. Palette Dosenbier, seine Stimme auch nur noch ein Schatten dessen ist, was mal war, und man sich sowieso fragt, wieso jemand Songs einer Band spielt, bei der er vor zwanzig Jahren mal für zwei Platten als Sänger dabei war, wenn vermutlich jede Schülerband dieselben Songs besser und vor allem motivierter runterzocken kann. Nee Jungs, das erinnerte mich irgendwie an die vollkommen überflüssige EXODUS-Reunion vor einigen Jahren. Nun ja, wie gesagt, es war schon geil, diese alten Songs mit dieser Stimme live zu hören, aber ein fader Beigeschmack blieb. Letztendlich war's den vielen Alt-Heavys auf dem Platz aber egal; die hatten ihren Spaß und bangten zu den gebotenen Klassikern ordentlich ab.

Danach war es erstmal Zeit für eine Eßpause, während der wir NEVERMORE, die auch einen alten SANCTUARY-Titel zum Besten gaben, aus der Ferne anhörten. Das heißt, es wäre Zeit gewesen. Aber wenn die Currywurst mit Fritten zehn Märker kostet (typischer Frittenbudenpreis bei dieser Portionsgröße drei-fuffzich), und das Gyros einer nicht-repräsentativen Umfrage vor dem Stand zufolge seinen Preis von acht Mark absolut nicht wert ist, spüle ich meinen Hunger lieber mit einem weiteren Bier hinunter und frage mich, ob die Wacken-Crew irgendeinen Einfluß auf die Essenspreise hat. Das, was auf dem Gelände angeboten wurde, ist Abzocke und hat meiner Meinung nach auf einem Festival "von Fans für Fans" nichts zu suchen.

Um acht ging es dann wieder vor die Bühne zu einer der besten Live-Bands aller Zeiten: OVERKILL. Die Amis werden mit jeden Album schlechter, aber durch ihre Live-Auftritte bewahren sie sich eine Art Kultstatus und scharen eine Fan-Gemeinde um sich, die die Energie, die die Combo in ihre Live-Auftritte steckt, zu honorieren weiß. So auch heute: Die Mannen um Bobby "Blitz" Ellsworth hauten einen Knaller nach dem anderen in die Menge, darunter erstaunlich viele alte Songs wie "Rotten To The Core", "Hammerhead" oder auch "In Union We Stand" (paßt zu Wacken wie der berühmte Arsch auf den Eimer). Die Fans crowdsurften, was das Zeug hielt, und wurden von der Security im Sekundentakt "abgefischt" (Kleine Anekdote am Rande: Beim 97er Auftritt von OVERKILL in Wacken wurde der Fotograben schon nach wenigen Minuten quasi evakuiert, weil einfach zu viele Crowdsurfer auf Fotografen landeten ...) Leider schien dieses Jahr der Fotograben doch etwas zu breit, so dass wir auf Blitz' Stagedive verzichten mussten. Abgeschlossen wurde der Gig vom obligatorischen "Fuck You!". An dieser Stelle noch ein Wort zum Thema Security: Sie erschien mir sehr fair und kompetent, auch wenn es darüber wieder geteilte Meinungen gibt (siehe Diskussionsforen auf der W:O:A-Homepage). Unverständlich nur, wieso es einige Metal Guards mit Nummer (wie angekündigt) und einige ohne gab ...

Elke hatte schon nach den ersten Takten von OVERKILL das Weite gesucht; wiedergetroffen haben wir uns bei THERION, die zwar nicht mit Orchester, aber doch zumindest mit Chor auftraten. Und nachdem der erste Teil des Sets noch mit enormen Soundproblemen zu kämpfen hatte, die Songs wie "Seven Secrets of the Sphinx" zu einem eher gemischten Vergnügen machten, wurde es mit "Venus Illegitima" schlagartig besser. Danach räumten THERION auf ganzer Linie ab, und die klassichen Klänge vom Band und der mehrstimmige Chor bildeten einen interessanten Gegensatz zum Gitarrenspiel und Headbanging der Band. Warum man bei der begrenzten Spielzeit noch einen Coversong (IRON MAIDENs "Revelation") darbieten musste, weiß ich auch nicht, aber auch dieser kam gut an, und THERION haben sich hier sicher einige neue Fans erspielt. Auch haben sie sich damit bei mir für den eher schwachen 97er Wacken-Auftritt revanchiert.

Danach sollten auf der Hauptbühne HELLOWEEN spielen, aber da deren letzter guter Gig nun schon 13 Jahre zurückliegt, haben wir uns das geschenkt und sind zum Lager zurück. Und in der Tat erinnerte das Hard'n'Heavy-Camp mittlerweile eher an ein römisches Heerlager als an alles andere. Alle waren in guter Stimmung, nur das man den Grill ausgehen ließ, war schwerlich zu verzeihen. Dennoch konnte ich meinen Magen mit fester Nahrung füllen, bevor es zum Headliner des ersten Abends ging. Interessanterweise kamen uns auf dem Weg viele Leute entgegen, die wohl kein Interesse an SAXON hatten. Mir völlig unbegreiflich, aber es beweist letztendlich, dass die friedliche Koexistenz verschiedener Metal-Stilrichtungen und Geschmäcker durchaus möglich ist. Ich für meinen Teil war froh, dass dieses Festival Vertreter des "klassischen" Heavy Metal als Headliner hat, im Gegensatz zu anderen Festivals.

Und die, die zu SAXON vor die Bühne gekommen waren (sooo viele können's nicht gewesen sein, da wir es relativ problemlos in die etwa dritte Reihe schafften - okay, vielleicht mit einigen Flüchen der Leute, die wir angerempelt und zur Seite geschoben haben), sollten es nicht bereuen. SAXON boten einen Querschnitt ihrer Schaffensperiode, der neueres Material wie "Conquistador" oder "Unleash The Beast" ebenso enthielt wie zwanzig Jahre alte Klassiker, zum Beispiel "Strong Arm Of The Law" oder "20,000 feet" im Zugabenteil, oder auch "Wheels Of Steel". Auf "Forever Free" habe ich mal wieder vergeblich gewartet, aber passend zur Bühnendekoration (der 83er "Eagle") gab es auch einige Songs aus dieser Ära, etwa "Power And The Glory" oder das eine Gänsehaut erzeugende "The Eagle Has Landed". All-Time-Faves wie "Solid Ball Of Rock" oder "Crusader" gab's natürlich auch, und die Jungs bekommen vermutlich den Award für den längsten Zugabenteil des Festivals (O-Ton: "We brought this fuckin' eagle with us, so I think we have time for one more" - bei dem einen blieb's natürlich nicht). Auch das Drumsolo war hörenswert, so dass man SAXON mal wieder einen rundum gelungenen Auftritt bescheinigen kann.

Ursprünglich wollte ich mir danach noch DIMMU BORGIR anschauen, aber meine in den letzten 30 Stunden doch arg strapazierte Konstitution schrie mittlerweile geradezu nach dem Schlafsack, so dass mich auch die mittlerweile lallenden Langhaarigen im Hard'n'Heavy-Lazarett (dem unglücklichen Norman ist direkt am Anfang des Festivals jemand beim Pogen von der Seite ins Knie gesprungen, was ihm zwar eine wunderschöne Krücke bescherte, gebastelt aus einer Zeltstange, Bierbüchsen, Topfschwämmen und Klebeband, aber ihn wohl ein Band im Knie kostete ... Gute Besserung von hier!) nicht von dem Weg ins Zelt abhalten konnten - womit gegen drei Uhr morgens ein harter, aber alles in allem gelungener Wacken-Tag zu Ende ging.

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